Ein Gastbeitrag
Nachdem Manchester City in der vergangenen Saison (2018/19) das Viertelfinal-Hinspiel der Champions League bei Tottenham Hotspur verloren hatte, war die Geschichte fest etabliert. «Pep Guardiola hatte ein weiteres großes Spiel überdacht – zu clever, zu viel Bastelei.»
Es war das zehnte Champions-League-Viertel- oder Halbfinal-Auswärtsspiel, das seine Mannschaften nicht gewonnen hatten, eine alarmierende Statistik, die als Beweis dafür galt und immer noch gilt, dass der Mann, den viele für als den besten Trainer der Welt halten und der, für die besten Mannschaften der Welt verantwortlich ist, es sich selbst schwerer macht.
Es ist verlockend, das zu glauben. Ob es sich um eine extrem offensive Ausrichtung gegen Real Madrid, ein Manndeckungs-Orientierung gegen den FC Barcelona, eine zusätzliche Mittelfeld-Absicherung (2ten 6er) gegen Liverpool oder eine defensivere Ausrichtung gegen die Spurs handelte, immer hat man das Gefühl, dass seine Mannschaften sich unnötig der eigenen, etablierten Philosophie distanzieren und zu Mitteln greifen, die nicht zu ihnen passen.
Wir sprachen mit mehreren seiner ehemaligen Spieler und Kollegen, um zu sehen, ob Guardiola die großen Spiele überdenkt:

«Absoluter Schwachsinn!» erzählte Michael Reschke, technischer Direktor von Bayern München für zwei der drei Spielzeiten während Guardiolas-Zeit in Deutschland, dem «The Athletic».
Aber es gibt auch eine andere Ansicht. Thomas Müller, der Guardiola als den Besten der Branche lobt und vor allem das Pech für den mangelnden Erfolg in der Champions League während seiner dreijährigen Amtszeit in München verantwortlich macht, meint, der Katalane scheine manchmal im Konflikt zu stehen zwischen dem Festhalten an seiner Philosophie und der Anpassung an die Gegner vor den größten Spielen.
«Die große Stärke dieses Spielstils ist die Fähigkeit, schwächere Gegner auf extreme Weise zu dominieren», sagt Müller gegenüber The Athletic.
«Gegen schwächere Gegner sind Guardiolas Mannschaften deutlich stärker als andere Top-Teams gegen gleich starke Gegner, weil die totale Kontrolle seiner Mannschaft zufällige Gegentore verhindert. Deshalb ist Guardiola auf lange Sicht der beste Trainer und seine Mannschaften sind die besten Mannschaften, auch wenn es nicht ausreicht, dass sie mal Meister werden.»
«In K.o.-Spielen achtet Pep sehr auf die Gegner und ihre Stärken. Er ist immer ein wenig hin- und hergerissen zwischen der extremen Aufmerksamkeit und dem Respekt vor den Stärken des Gegners – mehr als gegen kleinere Mannschaften – und dem Festhalten an seinen Überzeugungen und einem System, an das er glaubt, um zu sagen: ‹Wir werden mit diesem Risiko spielen, denn das ist es, was wir sind›. «Manchmal ist es nicht 100 Prozent klar, was wir tun.»
Einige meinen, das Problem liege weniger in den angeblich gemischten Botschaften des Guardiola, vielmehr liegt es wohl an der Komplexität der Strategie des Managers, welche die Mehrheit seiner Mannschaft einfach überwältigt. Ein Offizieller der Bayern während der Amtszeit Guardiolas hatte gesagt, der Trainer «denkt so komplex an den Fussball und versteht die Mannschaften auf einem so tiefen Niveau, dass niemand mehr folgen kann».
Nach einem Jahr in Deutschland gab Guardiola zu, dass er ein Problem damit hatte, seinen Spielern seine Ideen auf Deutsch richtig zu erklären, vor allem, wenn es darum ging, sie davon zu überzeugen, dass ein Wechsel nach dem Gewinn des Tripple unter Jupp Heynckes eine gute Sache sei.
«Ein Manager muss immer etwas ändern», sagte er. Eine Quelle, die enge Drähte zu Manchester City pflegt, hat zuvor zugegeben, dass die Bayern-Spieler nicht immer vollumfänglich in Ideen involviert wurden, weil «nur die spanischen Spieler» wirklich verstehen was er meint». Je komplexer eine Angelegenheit, desto wichtiger wird die Sprache um die Ideen im Kopf bei den Mitmenschen einzupflanzen. Vermutlich war dies das grösste Problem in München.
Roman Grill, der Agent von Phillip Lahm, glaubt, dass einige Spieler Mühe haben, die Ideen von Guardiola aufzugreifen und mit den mentalen Strapazen seines speziellen Spiels zurechtzukommen.
«Peps Weg ist sehr anstrengend, vielleicht nach einer Weile übermäßig anstrengend für die Spieler. Da er will, dass sie den Ball immer haben, gibt es während der Spiele keinen einzigen Moment der Ruhe. »
«Nur sehr wenige Spieler sind in der Lage, seinen Stil zu spielen und den ganzen Weg zu gehen. Einige Mitglieder seiner Mannschaften können oder wollen sich seinen Ideen nicht zu 100 Prozent unterwerfen. Daher gibt es einen inhärenten Konflikt.»
Toni Kroos war in der ersten Saison unter Guardiola bei Bayern und glaubt, dass die Performance einiger Spieler in einem Umfeld mit hohem Druck leiden könnte. Und das ist bei weitem die häufigste Rückmeldung von denjenigen, die für diesen Artikel konsultiert wurden, dass Guardiola zwar seinen Idealen verpflichtet ist, aber davon besessen ist, den Gegner zu studieren und zu analysieren.
«Er denkt über jedes Spiel viel oder zu viel nach», sagt Lukas Raeder, einer der Torhüter der Bayern in der ersten Saison.
«Weil er in jedem Spiel immer das Beste will, auch wenn er im Pokal gegen eine Unterliga-Mannschaft spielt, denkt er sehr viel an das Spiel. Bei den großen Spielen macht er nichts Besonderes.»
Marc Muniesa gehörte zu Guardiolas Staff-Mitglied in den ersten Jahren bei Barcelona und erinnert sich noch heute an seine Arbeit zur Analyse des Gegners.
«Pep war, nun, ich nehme an, er ist es immer noch, verrückt nach Fussball», sagt er. «Er analysiert gerne die Gegner – wie sie angreifen, wie sie verteidigen, und dann, wie man angreifen und verteidigen kann. Ich nehme an, dass viele Leute das tun, aber er macht es auf spektakuläre Weise, und was er einem in den Videos und in den Sitzungen beibringt, passiert am Ende auf dem Spielfeld.»
«Die Analyse umfasste jedes Detail, wie z.B. den gegnerischen Spieler, der am wenigsten defensiv arbeitet, welche Bereiche man angreifen muss, wo die Schwachstellen liegen. Er erklärte es auf sehr einfache Weise und dann geschieht es auf dem Spielfeld.»
Domenec Torrent, der Guardiolas Assistent bei Barca B, Barca, Bayern und City war, meint folgendes:
«Er sucht immer nach dem Weg, seine Mannschaft zum Protagonisten zu machen, den Ball zu haben, besser zu spielen und besser zum gegnerischen Tor zu kommen», erklärt er The Athletic.
«Aber er macht dies nicht nur in den großen Spielen wie gegen Liverpool, Madrid, Chelsea oder Bayern – nein, nein, er macht es immer. Wenn wir ein Freundschaftsspiel spielen – ein Freundschaftsspiel! – in der Vorsaison macht er dasselbe. Er ist nicht in der Lage, in ein Spiel, auch nicht in ein Freundschaftsspiel zu gehen, ohne zu sehen und zu wissen, wie sie spielen, ob sie breite Flügel haben, ob sie durch die Mitte spielen, ob sie einen Diamanten haben; das gibt ihm ein besseres Gefühl. «Pep macht sich mehr Sorgen, gegen Mannschaften der mittleren Spielklasse zu verlieren, da er der Meinung ist, mit grossen Teams wie Barcelona, Bayern und jetzt City muss man immer gegen die durchschnittlichen Teams gewinnen. Er weiß, dass die besseren Teams gewinnen müssen. Er macht sich darüber Sorgen, denn es ist eine Schande, gegen kleinere Mannschaften zu verlieren. Aber er ist ein Trainer für die großen Spiele. In den großen Spielen ist er immer besser.»
Vielleicht aber spitzt sich die Notwendigkeit, jedes Detail über die andere Mannschaft zu studieren, unter dem Druck des größten europäischen Pokals zu – besonders jetzt, wo sein Erbe von ihnen beurteilt zu werden scheint – und veranlasst ihn, sich zu sehr zu konzentrieren, das perfekte Spiel zu planen, etwas radikales zu versuchen. Zu viel zu denken. Doch niemand hat je gesagt, dass er über Siege zu viel nachdenkt.
Ein Video von Tifo Football, das nach der letztjährigen Niederlage bei den Spurs entstand, das zu diskutieren versucht, ob Guardiola sich taktisch, aufgrund Über-Denkens, allgemein verzockt:
Das Video erklärt, wie er die Weichen für das Halbfinale der Bayern gegen Barcelona im Jahr 2015 gestellt hat:
«Guardiola benutzte eine Drei-Mann-Hintermannschaft, obwohl er bis dahin in der Champions League meist eine Vier-Mann-Verteidigung eingesetzt hatte», heißt es darin.
Reschke: «Ich war völlig fasziniert, als ich Pep zum ersten Mal bei einer Spielvorbereitung mit seiner Mannschaft traf»
«Im Oktober 2014 spielten wir in Rom in der Champions League. Im Vorfeld des Spiels war ich mit Pep in Turin, um mir die Partie Roma gegen Juventus anzusehen. Es war einzigartig zu sehen, wie er die Problembereiche der Roma aufzeigte und unseren Spielern in der Mannschaftsbesprechung Lösungen präsentierte. Wir haben in Rom mit 7:1 gewonnen. Ich saß im Stadion und konnte miterleben, wie seine Wünsche und Lösungen auf dem Spielfeld zum Leben erweckt wurden.»
Während Guardiolas Zeit bei City hat er oft eine Startformation gewählt, die für Fans oder Medien schwer zu durchschauen war und es drohte, eine neue Debatte über das Überdenken von Dingen zu entfachen.»
«Hat er zum Beispiel das Halbfinale des Carabao-Cups gegen Manchester United im Januar überdacht, als er mindestens zwei falsche Neuner spielen liess? Hat er im Januar letzten Jahres zu viel nachgedacht, als er Aymeric Laporte gegen Liverpool auf den Linksverteidiger-Position setzte? Oder als er Phil Foden im Dezember gegen Arsenal auf dem linken Flügel hatte oder im Finale des Carabao-Cups 2018 gegen Arsenal mit einer Dreier-Abwehr spielte?»
«Wenn er zu viel denkt, was ist dann mit dem Tag, an dem wir bei Real Madrid mit 6:2 gewonnen haben? Er dachte, er müsse die Position von Lionel Messi ändern, er liess ihn als falsche Neun spielen, und wir gewannen 6:2?», fügt Torrent hinzu.
Woher kommt also diese Idee? Vielleicht aus Spanien, wo Johan Cruyff, der ideologische Bezugspunkt von Guardiola, den Ruf erwarb, mit seinen Barca-Teams immer etwas anderes zu versuchen, um Real Madrid zu überholen.
«Der Ansatz meines Vaters in den großen Spielen war immer, auf Sieg zu spielen», sagt Jordi Cruyff gegenüber The Athletic. «Er versuchte immer etwas anderes, wenn der Gegner also mit zwei Stürmern spielte, dann hatte er nicht vier Verteidiger. Er würde drei stellen. Würde der Gegner mit einem Stürmer spielen, würde er nicht drei Verteidiger aufstellen. Er würde zwei stellen. Das war seine Mentalität. “Er passte sich überhaupt nicht an, oder wenn er sich anpasste, dann nur, um offensiver spielen zu können und mehr Ballbesitz zu haben».
«Das kommt mir bekannt vor.» Doch Torrent weist die Idee zurück, dass Guardiola Cruyff imitiert und dass er Änderungen vornimmt, um seine Größe zu demonstrieren.
«Pep macht andere Dinge, wenn er glaubt, dass sie das Team verbessern werden», besteht er darauf. «Ich erinnere mich an das 6:2, als er mir sagte, dass er mit Leo als falsche Neun spielen wolle, und ich erinnere mich, dass ich zu ihm sagte: ‹Scheiße, mach das in einem anderen Spiel, weil wir gegen den Ligaprimus spielen, und er sagte nein. Er war so überzeugt.»
«Es ist nicht so, dass das Resultat von 6-2 entscheidend war. Es war mehr die Art und Weise, wie wir gewonnen haben. Es war spektakulär. Ich sage noch einmal: Er verändert in jedem Spiel irgendetwas. Er ändert es aber nicht, nur damit die Leute sagen: «Schau, schau, er hat wieder etwas verändert». Nein, er ändert die Ausrichtung, wenn er sieht, dass es Probleme gibt und dass sein Team neue Lösungen haben muss. Es ist nicht so, dass er Cruyff oder irgendjemanden nachahmen will.»
«Cruyff war das Gegenteil. Cruyff war ein besonderer Trainer, aber als er in Madrid gegen Real spielte, war er defensiver denn je. Pep hingegen ist das Gegenteil. Er ist offensiver denn je. Er ist mutiger denn je. Ich erinnere mich, dass wir mit Johan nur ein Spiel im Bernabeu gewonnen haben und ich denke, dass wir im Bernabeu mit Pep nie verloren haben.»
Warum also hat Guardiola mit seinem Reichtum an Wissen und Ressourcen in diesen großen europäischen Spielen zu kämpfen gehabt?
Es ist kaum eine bewegende Analyse, aber die Champions League Spiele sind die schwierigsten Spiele. Viele würden erwarten, dass die Mannschaften von Guardiola besser abschneiden, aber Liverpool, eines der besten Mannschaften und der amtierende Champions League-Sieger, haben selbst in den letzten beiden Endspielen Probleme gehabt.
Nach der Niederlage gegen Atletico Madrid wurde letzte Woche auf Twitter eine Statistik veröffentlicht, wonach die Reds in den vergangenen 107 Premier League Spielen nur sechs Mal verloren haben, während sie von den letzten 11 Champions-League-Auswärtsspielen sieben verloren haben. Angesichts ihrer jüngsten Dominanz ist das ziemlich unglaublich. Das soll keine weitere dumpfe Debatte über Guardiola gegen Klopp auslösen oder den deutschen Trainer kritisieren, sondern lediglich auf die Schwierigkeit dieser Spiele hinweisen. Und vielleicht liegt es auch nicht daran, dass diese Mannschaften zu offensiv sind oder auf starkes Pressing spielen. Wie The Athletic letzte Woche vor der Heimniederlage der Spurs gegen RB Leipzig veröffentlichte, hat Jose Mourinho seit sechs Jahren kein K.o.-Sieg in der Champions League mehr verbuchen können.
Müller liefert den Ausgleich zu seinem vorherigen Argument.
«In diesen [großen] Spielen kann mehr schief gehen als in 34 oder 38 Ligaspielen, vor allem wenn man in einem Halbfinale gegen die Spitzenmannschaften antritt», sagt er.
«Man ist viel weniger in der Lage, individuelle Fehler auszugleichen. Man wird härter bestraft. Man ist in diesen Spielen einfach verletzlicher.»
«Pep kommt auch zu mehr dieser Spiele als andere Trainer, die regelmäßig nicht so gut abschneiden. Wenn man ehrlich ist, dann haben selbst die besten Spieler der Welt, Messi und Cristiano Ronaldo, mehr K.o.-Spiele verloren als sie gewonnen haben. Selbst die allerbesten Spieler neigen dazu, mehr große Spiele zu verlieren als zu gewinnen. Sie haben es mit Supergegnern zu tun».
Was ist also mit diesen Spielen, wenn angeblich ein Überdenken stattgefunden haben soll, vor allem das Ausscheiden in der Champions League?
Müller gibt einen Überblick: «In manchen Spielen war der Gegner besser oder hatte eine Strategie, die besser funktionierte als unsere. Real Madrid im Jahr 2014 ist ein gutes Beispiel. Gegen Barcelona [im Jahr 2015] hatten wir Verletzungsprobleme und wir, die Spieler, waren schuld, als wir in den letzten 20 Minuten einige leichte Torechancen verschenkten. Gegen Atletico waren der Trainer und die Leistung der Spieler gut genug, um weiterzukommen. Es war also eine Mischung: Pech und diese anderen Dinge».
Torrent: «Wir sind damals gegen die beiden besten Teams der Welt angetreten», sagt er. «Wir haben mit den Bayern im Bernabeu ein spektakuläres Spiel gespielt – wir haben nach Konter mit 1:0 verloren, waren aber viel besser als sie.
Tatsächlich dominierten die Bayern das Auswärtsspiel auf beeindruckende Weise, aber die Niederlage hat in Deutschland für Zungenschmerzen gesorgt. Die Stimmung hatte sich schnell gedreht; Guardiola hatte mit einem System, das so einzigartig und leicht identifizierbar war, zuvor jedes bedeutungsvolle Spiel gewonnen oder zumindest unentschieden gespielt, aber die erste große Niederlage wurde als ein Versagen des Systems selbst dargestellt. Das löste die andere Kritik aus, die sich an Guardiola richtete: das Fehlen eines «Plan B». Es half ihm nicht, dass er die Spieler nach dem frühen Gewinn der Liga ausruhen liess, so dass die Bayern ihren Rhythmus verloren zu haben schienen. Und dann wog der ehemalige Bayern-Präsident Franz Beckenbauer mit ein.
«Ballbesitz bedeutet nichts, wenn der Rivale stets Chancen hat ein Tor zu erzielen», sagte er. «Wir können dankbar sein, dass wir nur mit 1:0 nach München zurückkehren.»
Beckenbauers Einwände zielten auf die Wahrnehmung ab, dass Guardiolas Stil den bayerischen Traditionen zu fremd sei. Der Pass-Stil sei «nicht der attraktivste Teil des Spiels», sagte Beckenbauer.
«Er ist ein Meister im Halten des Balles. Es ist sein Erfolg – er hatte Erfolg mit Barcelona und ist jetzt mit Bayern München sehr erfolgreich. Sie spielten sehr attraktiv, bis sie die deutsche Meisterschaft gewinnen. Dann sind sie nicht mehr in der gleichen stabilen Situation wie zuvor, deshalb bin ich ein wenig besorgt.»
Beckenbauers Worte hatten damals in der Hierarchie des Klubs wenig Gewicht, aber Guardiola wurde zweifellos durch die Kritik der größten deutschen Fussballpersönlichkeit verletzt. Er wurde sehr defensiv.
Guardiola meinte: «Ich bin mir bewusst, dass ich hier in Deutschland etwas Gegenkulturelles versuche», sagte er vor dem Rückspiel.
«Hier gefällt ihnen die Art und Weise, wie Real Madrid gegen uns gespielt hat, der Konterfußball von Borussia Dortmund. Aber die Bayern haben mich engagiert, meinen Fußballstil einzubringen.»
Aber er verlor die Nerven. Er war sich nicht sicher, ob die Mannschaft seine Ideen voll und ganz umsetzten oder auch unterstützen würde, und so führte er eine Austausch-Runde unter den einflussreichsten Spielern durch, die ihn vor allem im Rückspiel zu einem direkteren, vertikalem Spiel-Stil drängten. Die Bayern opferten die Kontrolle über das Mittelfeld und wurden im Konterspiel von Gareth Bale und Cristiano Ronaldo auseinandergenommen.
Laut Marti Perarnau, der ein Buch über alle Bereiche der Saison verfasste, bezeichnete Guardiola’s Handeln als «die größte Scheiße in [seinem] Leben als Trainer».
Torrent erklärt das so: «Bei uns waren wir sehr mutig, wir spielten mit vier Stürmern, und bei jedem Konter erzielten sie ein Tor. Es war der beste Cristiano Ronaldo zu dieser Zeit, [Angel] Di Maria, [Karim] Benzema. Es war das beste Madrid der letzten Jahre».
Aber warum diese Änderungen?
«Wir haben fast immer mit vier Stürmern [in der Allianz Arena] gespielt, weil man uns im ersten Jahr bei Bayern gesagt hat, dass die Bayern zu Hause sehr stark sein müssen, die deutsche Mentalität und diese Dinge, und bei Pep geht es mehr um Kontrolle. Wir wollten von der ersten Minute an Tore erzielen, aber jeder Konter war ein Tor. Aber im Grunde war es das beste Madrid.
Damals war es die beste Mannschaft Europas.»
Eine weitere Chance ein Jahr später, eine lang erwartete Rückkehr in das Camp-Nou. Dies war sicherlich die Partie, die Guardiola seinen Ruf einbrachte, bei großen Spielen tiefgreifende Veränderungen vorzunehmen. Eine Rückkehr zu seinem alten Klub, wo er einen Weg finden musste, um Messi, den Spieler, den er groß gemacht hatte, aufzuhalten.
Das Tifo-Video erklärt den Spielplan gut:
Er wechselte in eine Drei-Mann-Verteidigung und spielte Mann gegen Mann gegen Messi, Luis Suarez und Neymar. Rafinha, ein Verteidiger auf der rechten Seite, spielte auf der linken Seite der Verteidigungs-Kette, vielleicht um Messi zu stoppen. Guardiola schickte seine Spieler hinaus, um Barca hoch über das Spielfeld zu pressen und zu verhindern, dass die berühmten drei Stürmer den Ball überhaupt erst bekommen.
Die Anfangsminuten waren chaotisch, und Guardiola wechselte schnell zu einer Viererkette und einer Raute im Mittelfeld. Das Video zeigt jedoch, dass es den Bayern Offensiv an Breite fehlte, und lässt vermuten, dass es sich um eine «konservative Vorgehensweise handelte, die im Widerspruch zu Guardiola steht, der den Gegner normalerweise weit ausdehnt und Überladungen erzeugt».
Das überrascht kaum, wie Reschke betont. «Bayern München hatte mit ziemlich vielen Verletzungen in der Mannschaft zu kämpfen: Mit [Franck] Ribery, [Arjen] Robben und [David] Alaba fehlten wichtige Spieler, und es fehlte uns sehr an der nötigen Schnelligkeit.
Auch [Bastian] Schweinsteiger war nach einer langen Verletzungspause nicht wieder fit. [Robert] Lewandowski spielte wegen eines Nasenbruchs mit einer Maske, und einige andere Spieler waren nicht in bester Form. Nur Träumer konnten ernsthaft glauben, dass wir eine Chance hatten, das Finale zu erreichen».
Torrent fügt hinzu: «Mit Barcelona brauche ich es nicht einmal zu erklären; Neymar, Suarez und Messi. Wir haben gegen das beste Barcelona der letzten zehn Jahre gespielt, also ist es einfach – wir haben das Halbfinale gegen die beiden besten Mannschaften Europas verloren, und sie haben es dann auch gewonnen.
«Und ich werde noch ein paar andere Dinge erklären. Als wir mit Bayern ins Camp Nou gingen, hatten wir kein Ribery, wir hatten keinen Robben, wir hatten keinen Alaba. Müssen wir das erklären, dass wir nicht unsere besten Spieler hatten? Können Sie sich Barcelona ohne Messi, ohne Pique, ohne Busquets, Iniesta oder Xavi vorstellen? Das ist es, was uns im Camp Nou gegenüberstand.»
Manuel Neuer hatte in der Verlängerung alles getan, um das Ergebnis zu halten, doch dann traf Messi in den letzten 13 Minuten zweimal, wobei Neymar in der Nachspielzeit den dritten Treffer erzielte. Die Bayern gewannen das Heimspiel mit 3:2, aber das reichte nicht aus.
«Danach wurde Pep massiv kritisiert», sagt Reschke. «Für mich war das nur ein Beweis dafür, dass eine ganze Reihe von Journalisten und so genannten Experten versuchten, ihn und seine Arbeit niederzumachen und auf sehr unsachliche Weise zu argumentieren. Zu diesem Zeitpunkt der Saison gab es gegen Barcelona wirklich keine realistische Chance.»
Es gab keine übertriebenen Vorwürfe zum Ausscheiden gegen Atletico Madrid, als man nach dem 2:1-Hinspielsieg anschliessend in Madrid mit 0:1 ausgeschieden ist. Obwohl die Bayern 11 Schüsse aufs Tor verbuchten und zusätzlich einen Elfmeter von Müller verschossen haben.
«Es war unglaublich, dass wir damals nicht das Finale erreicht haben», sagt Reschke. «Wenn man die 180 Minuten beider Spiele betrachtet, wird man sehen, dass wir für etwa 160 Minuten die bessere Mannschaft waren; zeitweise auch extrem dominant.
«Unglaublich, was für Chancen wir in München nur schon in den letzten fünf Minuten vergeben haben – ein weiteres Tor hätte das Finale bedeutet.
Doch Guardiola hatte bereits eingeräumt, dass seine Zeit bei den Bayern nach seinem Erfolg in der Champions League beurteilt werden würde, und tatsächlich ist sie nun vier Jahre später das Barometer für seine gesamte Karriere, nachdem er mit City bislang kein Halbfinale erreicht hatte.
In seiner ersten Saison in England verlor man gegen Monaco im Achtelfinale; nicht so sehr durch «Over-Thinking», sondern dadurch, dass man den Spielern seine Überzeugungen aufzwang. City lag mit 3:5 in der Gesamtwertung vorn, und während viele Spieler erwarteten, sich zurückzulehnen und die Führung zu verteidigen, war und ist es Guardiolas Idee, die Führung zu verteidigen, indem er den Ball in den eigenen Reihen hält und angreift. Diese forcierte Ideenförderung führte zweifellos dazu, dass City in den nächsten beiden Spielzeiten unzählige Rekorde brach, aber in Monaco wurden Guardiolas Spieler eines Besseren belehrt und sie verloren 3:1.
In Liverpool, ein Jahr später, als City auf dem Weg zu einer 100-Punkte-Saison war, wählte Guardiola Laporte als linken Außenverteidiger und Ilkay Gundogan als rechten Mittelfeldspieler und bat ihn, sich stets zentraler zu positionieren.
Die Gastgeber erzielten drei schnelle Tore und ließen City in einem zerlumpten Zustand zurück. Guardiola wollte Gündogan schon immer in seinem Mittelfeld integrieren, um mehr Kontrolle zu erlangen, aber in Anfield sah es nicht nach einer inspirierenden Entscheidung aus. Im vergangenen Jahr war Pep besorgt darüber wie sein Team gegen die Spurs, Lyon, Schalke und Hoffenheim defensiv ziemlich offen gewesen war. Er hatte das Gefühl, er müsse den Laden dicht halten, nicht zu viele Chancen zulassen und wenig riskieren, dass die Champions League Reise nicht gleich im Achtelfinal zu Ende geht. Da City in einem hoch spannenden Titelrennen mit Liverpool verwickelt war, wurde Kevin De Bruyne und Leroy Sane auf die Bank beordert, damit sie für das nächste Ligaspiel wieder frisch sind. Isoliert betrachtet, sehen diese Spiele vielleicht wie klassische Beispiele für «Over-Thinking» aus. Vielleicht hätte City den FC Liverpool oder Tottenham mit dem üblichen 4-3-3 und mit dem Einsatz der besten Flügelspieler geschlagen, aber man darf nicht vergessen, dass diejenigen, die mit ihm gearbeitet haben, darauf bestehen, dass er sich bei jedem einzelnen Spiel quält, egal, wie der Gegner aussieht. Ein Beispiel aus dem vergangenen März – er hat seine Mannschaftsliste erst im letzten Moment fertiggestellt, seine Spieler waren sich nicht sicher, ob sie ihre Trikots anziehen oder sich massieren lassen sollten, denn er wartete ab, ob Aleksandar Mitrovic für Fulham spielen würde oder nicht.
«Er denkt nur in Lösungen», sagt Reschke, «und wählt die, die für ihn die besten sind».
Kroos fügt hinzu: «Drei Halbfinalspiele mit Bayern… er kam ziemlich nahe ran. Muller verpasste einen Elfmeter gegen Atletico; nicht einmal Pep kann dafür Gesetze erlassen, wir müssen ehrlich sein. Im Grunde genommen sind Pep und seine Mannschaften immer Titelanwärter. Bei K.o.-Situationen kann viel passieren, ein bisschen Pech usw.» Und Sergio Aguero verpasst einen Elfmeter gegen die Spurs. Torrent, der bei diesen Spielen in Monaco und Liverpool auf der Bank saß, erinnert sich noch gut an einige der anderen Faktoren.
«Wir können tausend Dinge analysieren, die auf dem Spielfeld passieren», sagt er. «Zum Beispiel das Spiel in Monaco, aber bei diesem Spiel erinnert sich niemand daran, was in Manchester passiert ist, an den Elfmeter, der nicht an Aguero gegeben wurde, an rote Karten und all das – niemand erinnert sich daran.
«Als wir in Liverpool verloren haben, erinnert sich niemand daran, dass es einen Elfmeter hätte geben sollen, der nicht gegeben wurde, und ein Tor, das im Etihad nicht gewertet wurde, dass eigentlich ein Tor war. Niemand erinnert sich daran. Niemand. Sie erinnern sich nur daran, dass wir nicht in die nächste Runde gekommen sind.
«Wir hatten auch ein Tor in Anfield erzielt, dass kontroverserweise nicht anerkannt wurde, während das erste Tor von Liverpool ebenso knapp, aber zu Gunsten des Gegners entschieden wurde.
«Niemand analysierte es, warum?, fragt Torrent.
«Es ist passiert und das war’s, aber wenn es einen mutigen Trainer auf dieser Welt gibt, der in den größten Spielen in den größten Stadien noch mutiger ist, dann ist es Pep. Die Mehrheit der Trainer, was würden sie tun? Ins Bernabeu gehen, alle hinter der Mittelline und auf Konter spielen. Sie werden am Ende verlieren. Und im Camp Nou werden Sie am Ende verlieren. Pep ist mutig, denn er wird dorthin gehen, um zu gewinnen. Es kann gut oder schlecht gehen, aber die mutige Mentalität, die er hat… Ich kenne nicht viele Trainer wie ihn. Ich kann nur sagen, dass Pep sehr, sehr mutig ist.»
Das soll nicht heißen, dass die Mannschaften, die City geschlagen haben, es nicht verdient hätten – nur dass die Vorwürfe des «Over-Thinkings» von Spielen sicherlich irrelevant werden, wenn man die kleinen Details berücksichtigt, die in 180 Minuten Fussball passieren können.
«Am Ende entscheiden nur winzige Details», sagt Reschke.
Torrent stimmt zu: «Und es funktioniert bei uns auch anders herum: Als wir nach Chelsea [mit Barcelona 2009] fuhren, schieden wir praktisch aus, und Iniesta erzielte in der 94. Minute einen erstaunlichen Treffer. Er ist ein Spieler, der von außerhalb des Strafraums nicht gut schießt. Seine Qualitäten liegen nicht beim Schiessen, aber er hat ein Tor geschossen. Und von da an haben wir für mich das beste Manchester United der letzten 10 oder 15 Jahre geschlagen».
Was passiert, wenn diese kleinen Details in dieser Saison gegen City spielen?
«Vielleicht gewinnen sie dieses Jahr nichts und das könnte passieren. So ist der Fussball», fügt Torrent hinzu. «Und sie werden sagen: ‹Oh, vielleicht denkt er zu viel nach, er ändert die Aufstellung zu sehr› – nein, er hat es immer gleich gemacht. Wenn Sie sich das letzte Jahr anschauen, welches das erfolgreichste Jahr eines Teams im englischen Fussball war, schauen Sie, ob er zweimal hintereinander die gleiche Mannschaft ausgewählt hat.
«Sie werden es nicht sehen. Er hat es nie getan. Warum? Wenn es im englischen Fussball etwas gibt, das sich von den anderen europäischen Mannschaften unterscheidet, dann ist es die Tatsache, dass sie mehr Spiele spielen als der Rest Europas, und die Ärzte sagen: «David Silva hat ein Problem mit seinen Adduktoren, Kevin De Bruyne ist sehr müde», und Sie denken: «Oh, ich sollte mich besser ändern».
«Muss Pep das bei jedem Spiel erklären? Die Leute verstehen nicht, was er macht. Sie warten darauf, dass er nicht gewinnt, um zu sagen, dass er zu viel denkt.
«Er will eine Menge Informationen. Dadurch fühlt er sich wohler, und er gibt sie seinen Spielern, damit sie besser spielen. Es geht nicht darum, den Fussball neu zu erfinden. Die Leute denken: «Oh, weil er zeigen will, dass er der Beste ist.
Nein! Pep will gewinnen».
Es ist ein überzeugendes Argument. Zweifellos wird es immer noch viele geben, die glauben, dass vielleicht dieser Wunsch, alle Antworten zu wollen, die Geheimnisse zu entschlüsseln, um die Besten Europas zu schlagen, Guardiola dazu bringt, Pläne zu schmieden, die seine Spieler nicht verstehen. Fehler werden gemacht und bestraft, und dann, am Ende, werden Guardiolas Mannschaften ausscheiden, die großen Siege verpassen und die Debatte beginnt wieder von Neuem.
Überdenkt Guardiola also die großen Spiele?
«Pep hat so viele extrem wichtige Spiele gewonnen. Für mich ist es fast peinlich, eine solche Frage zu stellen», sagt Reschke,
Was denkst du darüber? Schreibe es in den Kommentaren.
Quelle: Unbekannt
Übersetzung und Korrektur: Enver Klaiqi